Non, je ne regrette rien – Nein, ich bereue nichts – Edith Piaf (E.T.A.-Hoffmann-Theater Bamberg)

Eine Aussage, die thematisch für das Singspiel Edith Piafs steht, das am 3. Mai 2014 Premiere im Großen Haus des E.T.A.-Hoffmann-Theaters feierte. Es entstand nach der Inszenierung von Pit Holzwarth, die 2006 im Nationaltheater Mannheim Uraufführung feierte. Für das E.T.A. wurde das Stück von Nora Bussenius inszeniert, unter der musikalischen Leitung von Franz Tröger.

Es zeigt das Leben der großen Chansons-Sängerin Edith Piaf, aus der Erzählperspektive der Künstlerin selber. Die das Stück zum ersten Akt als alte gebrechliche Frau eröffnet: „Ich müsste lügen wenn ich meine Geschichte erzähle!“ und holt ihre Erinnerungen hervor. Sie beginnt retrospektiv mit ihrer Jugend, in der sie arm und hungernd im Armenviertel Bellevilleaufwuchs und von ihrem Vater zum Singen auf die Straße geschickt wurde. So stellt das Stück den Aufstieg der Künstlerin von Paris, über ganz Frankreich und später von America zur weltbekannten Sängerin dar. In diesem Aufstieg stechen dramatisch die einschneidenden Verluste der Edith Piaf heraus wie der Tod ihrer zweijährigen Tochter, der ihrer Mutter, die Niederlage in Amerika oder der tragische Tod ihres Geliebten Marcelle.

Dessen Tod besonders in Szene gesetzt wurde mit dem Chansons Mon Dieu. Besonders bemerkenswert ist die musikalische Gestaltung des Stückes. Es erzählt die Geschichte der Sängerin mit den vielen bekannten und beliebten Musikstücken – zu denen unter anderemMilord, Les feuilles Mortes, Padam Padam, Sous le ciel de Paris, Mon Légionnaire, Bravo Pour Le Clown und L´Accordeoniste gehören – die mit viel Können der Darsteller dargeboten wurden. Besonders erwähnenswert, ist die Leistung der Edith Piaf Darstellerinnen Eva Steines, Nadine Panjas, Verena Ehrmann und Ulrike Schlegel, die die Chansons der Sängerin gesungen haben als wäre ein Teil der Edith in ihnen.

Das große Crescendo des Stückes bietet das weltbekannte Stück Non, Je Ne Regrette Rien bei dem sich alle Darsteller voller Demut vor Edith Piaf verbeugen. Dieser Verbeugung konnte das Premierenpublikum nur Zustimmen. Die glanzvolle Leistung der Schauspieler wurde von einem minutenlangen Applaus bejubelt, bei dem es nur wenige Zuschauer auf den Plätzen hielt.

Ein Stück das vor Leidenschaft für die Musik und die Bühne nur so strotzt. Einfach sehenswert.


Pit Holzwarths Edith Piaf
Nora Bussenius
E.T.A.-Hoffmann-Theater Bamberg
Weitere Vorstellungen: 7., 9.-11., 14.+ 15., 17.+ 18., 24.+25. Mai

Non, je ne regrette rien – Nein, ich bereue nichts – Edith Piaf (E.T.A.-Hoffmann-Theater Bamberg)

»Falkenflug (Die Hörige)« von Markus Gerwinski

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|Authentischer Mittelalter-Lesespaß|

von Verena Bauer

Markus Gerwinski hat mit Falkenflug. Die Hörige einen schönen Mittelalter-Roman mit angenehm wenigen Fantasy-Elementen erschaffen. Der Leser findet eine unglaublich kraftvolle, bunte und detailliert beschriebene mittelalterliche Welt sowie authentische Charaktere vor. Eine Zeitreise, von der es sich mitzureißen lohnt.

In dem Buch geht es um die Beziehung zwischen der Hörigen Gunid und dem Sohn ihres Lehnsherrn, Ragald. Die beiden freunden sich im Kindesalter an und die etwas ältere Gunid nennt ihren jungen Freund von da an nur ihren »Kleinen«. Die gute Beziehung, die die beiden bis zu ihrer Jugend pflegen, kippt, als Ragald sich zur Ausbildung in einem benachbarten Lehen aufmacht: Beim Abschied merkt Gunid, dass sie doch etwas mehr als Freundschaft empfindet, während Ragald an dergleichen nicht zu denken scheint… Als dieser nach seiner Ausbildung auch noch Hand in Hand mit einem fremden Mädchen zurückkehrt, kühlt das Verhältnis vollends ab. Doch es herrscht Krieg im Land, die Feinde rücken immer näher. Der ehemals »Kleine« muss zum Heerlager ziehen, wo er auf eine Mission geschickt wird, von der er nicht mehr zurückkommt. Gunid kann nicht anders und macht sich auf, um ihren geliebten Ragald zu finden.

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»Falkenflug (Die Hörige)« von Markus Gerwinski

Die Welt ist arm, der Mensch ist schlecht – Die Opferung von Gorge Mastromas (E.T.A.-Hoffmann-Theater)

Am Samstag feierte Dennis Kellys Die Opferung von Gorge Mastromas im E.T.A.-Hoffmann-Theater Premiere.

© Thomas Bachmann

„Ein guter Mensch sein? Ja, wer wär’s nicht gern? Doch leider sind auf diesem Sterne eben die Mittel kärglich und die Menschen roh. Wer möchte nicht in Fried und Eintracht leben? Doch die Verhältnisse, sie sind nicht so!“ Diese Annahme ist nicht das einzige, das Dennis Kellys Die Opferung von Gorge Mastromas mit Brechts Dreigroschenoper gemein hat. Beide präsentieren sie Hauptfiguren, deren ethisch fragwürdige Lebensphilosophie aufgrund ihrer Stellung erheblichen Einfluss auf ihr soziales Umfeld hat. Damit stellen sie gleichzeitig die Frage nach dem Wert von Moral und Verantwortung – und in welchem Zusammenhang sie mit dem eigenen Lebensglück stehen.

Frank Behnke inszenierte das Stück temporeich und originell. Die Figur des Gorge verteilte er auf fünf Schauspieler, die sein Leben amüsiert erzählen. Den Spaß, den es uns macht, von den Missgeschicken, Zweifeln und Liebesabenteuern anderer zu erzählen, merkt man auch ihnen an. Sie springen problemlos von einer Figur, Stimmung, Geschichte zur anderen. Besonderen Eindruck hinterlässt Iris Hochbergers Darstellung der in vielerlei Hinsicht betrogenen Ehefrau, sowie der Dialog zwischen Gorge (Volker J. Ringe) und seinem Bruder (Gerald Leiß), in dem die emotionale Bandbreite von Rührung, Abscheu, Hoffnung, Abweisung, Zuneigung bis Wut reicht. Nachsichtig, geschockt, tragisch, mitleidsheischend, aber vor allem immer gespielt, gestellt, bauen sie aus einigen Versatzstücken seines Lebens eine schlüssige Biographie. Szenen aus Gorges Kindheit, Jugend und dem frühen Erwachsenenalter führen vor, wie er sich in Gewissenskonflikten meist für die menschenfreundliche Lösung entschied und nicht für seinen Vorteil. Güte oder Feigheit, die Frage stellt sich ihm, als er seinen gedemütigten Freund mit den anderen auslachen oder vor ihnen in Sicherheit bringen könnte, als er eine von ihm schwangere Frau zur Abtreibung überreden oder sie unterstützen könnte, und schließlich auch als er seinem Chef einen rettenden Ratschlag geben oder sich an dessen Untergang bereichern könnte. Könnte, immer wieder: Gorges Leben wird mitnichten als unaufhaltsamer Fall gezeichnet, er hat immer wieder die Wahl. Sein Verhalten ist keineswegs das Ergebnis vergangener Verletzungen, keine Kompensation von Minderwertigkeitskomplexen, sondern schlicht die Besinnung auf das alte Lied: „Du musst ein Schwein sein in dieser Welt. Daraus ziehst du Konsequenzen und du schaltest um auf schlecht. Die Welt ist ein Gerichtssaal und die Bösen kriegen Recht.“ Natürlich gewinnt er durch seine steile Karriere an Fallhöhe, doch trotzdem gelingt es dem Zuschauer nicht, behaglich dem wohlverdienten Absturz zu applaudieren – dafür war die Ausgangssituation „im oberen Drittel der unteren Hälfte“ der unseren zu ähnlich, dafür ist Gorge Mastromas viel zu viel Durchschnitt. Auch wenn er einen extremen Fall von Machtbesessenheit und Rücksichtslosigkeit darzustellen scheint, verdient seine schrittweise Abkapselung von Freunden, Geliebten und Verwandten eher Mitleid als Abscheu. Und die Darstellung anhaltenden Applaus.


Dennis Kellys Die Opferung von Gorge Mastromas
Frank Behnke
E.T.A.-Hoffmann-Theater Bamberg
Weitere Vorstellungen: 27. April; 4., 8. – 11., 16. – 18., 23. + 24. Mai

Die Welt ist arm, der Mensch ist schlecht – Die Opferung von Gorge Mastromas (E.T.A.-Hoffmann-Theater)